75 Jahre Grenadierkorps - 1936 bis 1964

Ein nicht alltägliches Jubiläum in unserer schnelllebigen Zeit, Als der Chronist nach Unterlagen aus den Anfängen des Schützenwesens von 1936 forschte, hätte er sich schwer getan, wäre er nicht auch in den Besitz der Festschrift zum 40-jährigen Jubiläum des Bürger-Schützen-Vereins Kapellen/Erft gelangt.

 

In der ausgezeichneten Chronik, von Heinz Rösgen, heißt es wörtlich:

„Der Versuche waren viele, doch erst im Jahr 1936 gelang es einflussreichen Bürgern, den (Schützen)-Verein unter dem jetzigen Namen ins Leben zu rufen“, ….. und weiter „In allen möglichen und unmöglichen Lokalen und Räumen fanden sich jüngere und ältere Mitbegründer …. Züge wurden gegründet,   K O R P S  ins Leben gerufen, Fahnen beschafft“.

 

Bereits aus dem Jahre des ersten Schützenfestes (1937) stammt auch das älteste Dokument des Grenadierkorps. Es handelt sich um die Abrechnung des Stiftungsfestes, das in der Gaststätte Peter Broich, am 22. August 1937, stattfand. Bei diesem ersten Grenadierfest erzielte man den stolzen Gewinn von 191,15 Reichsmark – eine hohe Summe, wenn man bedenkt, dass ein Facharbeiter damals nur 24,94 Reichsmark in der Woche nach Hause brachte. Die Musik für diesen Stiftungsabend (Alt Kapellen) kostete 45 Reichsmark, zuzüglich 10,40 Reichsmark „Bier für Musik“. Die handschriftliche Rechnung des Wirtes lautet auf 52 Bier a 0,20 Reichsmark.

 

Für die Erlaubnis am Sonntag, dem 22. August 1937, im Saale von Peter Broich abzuhaltende öffentliche Lustbarkeit, wurde eine „Lustbarkeitssteuer“ in Höhe von 15% des Eintrittsgeldes (12,96 RM) erhoben, die Verwaltungsgebühr betrug 5,-- Reichsmark und war bei Erteilung der Genehmigung zu zahlen.

 

Zur Ehre der damaligen Behörden bleibt festzuhalten, dass die Genehmigung am 21. August, also am Samstag vor dem Fest, ausgestellt wurde. Welche Verwaltung würde das heutzutage zuwege bringen?

 

Erhalten ist auch eine „Fest-Karte“ aus dieser Zeit, die namens des ersten Majors der Grenadiere, Heinrich Lipzick, ausgegeben wurde. Heinrich Lipzick sollte den Grenadieren bis zu seinem plötzlichen und unerwarteten Tod im Jahre 1961 vorstehen.

Dass das Grenadierkorps bereits im Stiftungsjahr eine Korps-Fahne anschaffte, ist durch genannte Abrechnung aus 1937 bewiesen. Zweifelsfrei heißt es da in deutscher Schrift: „Ausg.f.Fahne 202,90 RM“. Was aus dieser Fahne geworden ist, weiß man nicht, sie muß im Krieg verloren gegangen sein.

 

Dank der vorhandenen Rechnung, des von den Damen gestifteten Fahnenbandes von 1937, lässt sich vermuten, dass sie aus Rippseide mit grünem Grund gefertigt war, oben ein Schützenemblem und in der Mitte Eichenblätter. Mithin muß die erste Korpsfahne der heutigen zum Verwechseln ähnlich gesehen haben.

 

Von 1940 bis 1949 fanden weder Schützenfest noch Schützenleben statt. Schlimme Zeiten waren zu überstehen.

 

Das Regiment hatte viele zu betrauern. Eine handschriftliche Aufzeichnung, die kein Datum trägt, aber erahnen lässt, wann sie niedergeschrieben wurde, lässt  das ganze Leid dieser Zeit erkennen. Die Notiz „Hermanns, Wienand, gefallen in Neuss b.d. Arbeit Harvester“ sei stellvertretend für andere genannt.

 

Bereits beim ersten Nachkriegsschützenfest 1950, das unter heute noch kaum vorstellbaren Schwierigkeiten – die Militärregierung hatte strenge Auflagen erlassen – stattfand, waren die Grenadiere fast wieder komplett dabei. Schon im Vorjahr war man wieder tätig geworden. Die Liebe zum heimatlichen Schützenfest hatte die Kriegsjahre überdauert. In den Unterlagen des Grenadierkorps findet sich ein Angebot vom 5.8.949 über Preis von Uniformen, der auch heute noch wohlbekannten Firma Karl Hintzen „Rheinisches Versandhaus, Historische Kostüme“ aus Korschenbroich. Leider ist diese Dokument für die Grenadiere von minderer Bedeutung, weil in erster Linie Jägeruniformen angeboten wurden. Ein Preis des Angebots von 1949 muss Erwähnung finden: weiße Hosen kosteten damals 2,-- Deutsche Mark!

 

Das Schützenwesen nahm in den Nachkriegsjahren einen stetigen Aufschwung, auch die Grenadiere wuchsen zu einem stattlichen Korps heran.

 

Bereits im Jahr 53 konnte der Major bekannt geben, dass eine neue Fahne in Auftrag gegeben werden konnte. Mit der Aussicht auf eine neue Grenadierfahne stieg das Selbstbewusstsein des Korps. So machte Hauptmann Katz sehr deutlich, „dass die Grenadiere beim Schützenfest genau denselben Anspruch auf eine Musikkapelle und auf ein Tambourkorps haben, wie das Jägerkorps“. Ex-Majestät Theo I (1951) vertrat sogar die Ansicht, dass sämtliche neu gegründeten Züge dem Grenadierkorps zugeordnet werden müssten.

 

Vom Schützenfest 1953 ist ein gelungener Bericht des damaligen Schriftführers Erich Schulz erhalten, aus dem hervor geht, dass Schützen sehr wohl in der Lage sind, sich selbst auf den Arm zu nehmen.

 

Beim Schützenfest 1953 konnte erstmals die neue Grenadierfahne mit der Regimentsfahne vor dem Korps mitgeführt werden.

 

Das Jahr 1954 brachte für die Grenadiere einen weiteren Höhepunkt. Mit Johann Daners von der Grenadier-Fahnenkompanie wurde ein Kamerad aus den eigenen Reihen Schützenkönig. Er regierte 154/55 als S. M. Johann II.

 

Im Jahre 1955 wurde erstmals das Familienfest des Grenadierkorps im Saale Deuß durchgeführt. In den Aufzeichnungen von Willi Flahs heißt es, dass die gesamte Prominenz des Bürger-Schützen-Vereins, an der Spitze Präsident Hubert Winzen, erschienen war. Und weiter: „Die durch keinerlei Missstimmung getrübte Veranstaltung war unbedingt ein Erfolg im Sinne der Korps-Kameradschaft nach innen und außen. Sie war so schön, dass die letzten Besucher erst gegen Morgengrauen den Heimweg antraten“. Dies hat sich bis heute nicht geändert.

 

Das folgende Schützenfest, im Sommer 1955, muß für die Grenadiere besonders erfolgreich gewesen sein; denn über die damaligen Ereignisse berichtet Willi Flahs wie folgt:

 

„Zum Ablauf des Schützenfestes ist vorweg zu sagen, dass das Grenadierkorps voll und ganz in Disziplin und Adrettheit bei der Sache war. Das gleiche gilt auch für die dem Grenadierkorps beigegebenen Fahnengruppen (Fahnenkompanie und Regimentsfahne), die eine Zierde des Festzuges waren und deren Gruppe unter Hauptmann Kautz sich im Fackelbau eine Sonder-Prämie des Amtsdirektors verdiente“. Und weiter: „Das Grenadierkorps kam erstmals nach dem Kriege mit einem neuen Zug heraus. Es handelt sich um den Grenadierzug „Bruderstolz“. Führer dieses Zuges ist der Kamerad Andreas Steins – Stadionstr.“ Beim Frühschoppen am Dienstag wurden außerdem der Grenadierzug „Gemütlichkeit“ und die Fahnenkompanie für ihre Großfackeln prämiert. Dabei löste die Bekanntgabe des ersten Preises für eine andere Fackel „Entrüstung aus, weil diese Fackel schon in einem Neusser Fackelzug gesehen worden war“. Dieser kleine Schönheitsfehler konnte den Grenadieren allerdings die Freude am Schützenfest 1995 nicht verdrießen, waren doch als Gäste „unserer“ Majestät Johann II (Daners), bei der Parade am Sonntag, eine starke Abteilung des Schützen-Vereins Düsseldorf-Wersten mit marschiert, die in ihren prächtigen Uniformen einen Einblick in das Düsseldorfer Schützenwesen gaben.

 

Das Jahr 1955 war für die Grenadiere der vorläufige Höhepunkt seit Bestehen des Korps. Man wünschte sich für nächstes Jahr „ein noch größeres Grenadierkorps unter unserem Major Lipzick und seinem getreuen Adjutanten Hubert Glasmacher“.

 

Im Januar des Jahres 1956 fand zum zweitenmal das Familienfest des Grenadierkorps statt, das gemessen an der Menge der erschienenen Gäste und der gebotenen Unterhaltung wieder ein voller Erfolg war, mit dem auch der Kassierer einverstanden sein durfte.

 

Im Mai des gleichen Jahres nahm eine Abordnung des Grenadierkorps unter Führung von Major Lipzick, mit der Grenadierfahne, an einem auswärtigen Festzug teil.

 

In Grefrath marschierte man beim  Zug anlässlich des Jubiläums der dortigen Schützen-Bruderschaft mit. Das Grenadierkorps wurde langsam aber sicher über die Grenzen Kapellens hinweg bekannt. Beim Schützenfest sorgten die Grenadiere durch ihren Hauptmann und Schießmeister Toni Breuer, beim Vogelschießen, für eine reibungslose Abwicklung.

 

„König aller Schützen“ wurde diesmal Hoffs Schäng, der in schneidiger Musikbegleitung nach Hause geleitet wurde.

 

Montags hatte man eine traurige Pflicht zu erfüllen: Morgens marschierte das Korps zum Friedhof, um seinem im Vorjahr verunglückten Kameraden Steins durch Ansprache und Grabschmückung zu gedenken. 

 

Erfreulich war der Abschluss des Festes am Dienstagmorgen beim Frühschoppen: Den 3. und 4. Preis bei der Fackelprämierung erhielten die Grenadierzüge „Eichendorff“ und „Gemütlichkeit“.

 

Aus dem Jahre 1956 stammt auch die einzig erhaltene „Stärkemeldung“ des Grenadierkorps. Die Meldung wurde vom späteren Grenadiermajor Heinz Schillings verfasst: 25 Grenadiere wurden dem Regiment gemeldet.

 

In den Jahren 1957 und 1958 verliefen die Schützenfeste nach Aussagen des Majors Lipzick bei schönstem Wetter, gutem Besuch und in denkbar bestem Sinne. Ende Januar feierte das Grenadierkorps „wie immer“ sein Winterfest in Saale Deuß (heutige Ratsschänke).

 

Mit Riesen Schritten näherte man sich dem 25-jährigen:

Der Präsident des Bürger-Schützen-Vereins Hubert Winzen konnte 1961 auch Grenadiere mit Urkunden und Orden versehen. Die damaligen Jubilare waren: Heinrich Lipzick, Anton Breuer, Jakob de Bruyn, Josef Koch, Johann Welter, Peter Neuenhausen, Matthias Hilgers, Andreas Steins und Heinz Wildschütz.

Für das Grenadierkorps hätte dies ein Grund zum Jubeln sein können, wäre nicht Major Lipzick, der dem Korps von Anfang an vorgestanden hatte, kurz vor dem Schützenfest 1961 verstorben. Am Schützenfestsamstag nahm das Korps in Uniform an der Beerdigung teil.

 

Neuer Grenadiermajor wurde Josef Zimmermann, sein Adjutant, der auch heute noch unvergessene spätere Ehrenmajor Willi Reisdorf.

 

Das Schützenleben ging aber auch für die Grenadiere weiter.

 

Im Jahre 1964 konnten die Grenadiere mit Willi II (Belz) wieder einen Kameraden aus den eigenen Reihen als amtierende Majestät stellen.